“Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen an ihr vorbei” (George Orwell)
das Spurensucheteam
gründete sich im Februar 2017 und erhielt eine finanzielle Unterstützung der sächsischen Jugendstiftung für ihr Vorhaben, das Zweikronenhaus zu erforschen. Schwerpunkt sollte die Geschichte der Firma Barta & Schubert und ihrer Näherinnen sein, die noch bis 1990 im Haus an der Neustadt in Zittau genäht haben.
2017 das Team
Anna Lena Arldt, Schülerin des Christian Weise Gymnasiums, Niklas Rolle, Schüler des Christian Weise Gymnasiums, Louis Rost, Schüler des Christian Weise Gymnasiums und tätig bei foto-zittau.de, Paulina Lorenz, z.Z. im FSJ und bei foto-zittau.de, Andreas Graf, in der Ausbildung und tätig bei foto-zittau.de, Pascal Meaubert, Schüler, Grit Weidner Kulturmanagerin, Micheline Richau, Dipl.Bildhauerin, unterstützt vom Geschichtslehrer Herrn Kothe und dem Förderverein des Christian Weise Gymnasiums Zittau.
Auszug aus dem Spurensucheprogramm
der sächsischen Jugendstiftung:
„Das Beste, was wir von der Geschichte haben, ist der Enthusiasmus, den sie erregt.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Die Jugendgeschichtstage sind die Plattform für den Austausch von Erfahrungen und der Präsentation von Ergebnissen der (lokal)historischen Forschung mit und durch junge Menschen. Jährlich im November werden die Jugendgeschichtstage in Kooperation mit und im Sächsischen Landtag durchgeführt und von vielen Geschichtsvereinen, interessierten Bürgern, Vertretern der Politik und vor allem von vielen Jugendgeschichtsprojekten genutzt.
Wir sind davon überzeugt, dass das Erforschen von Geschichte(n) Spaß und Leidenschaft erzeugen kann. Vom Kindertraum detektivischer Puzzlearbeit sind das Sichten uralter Dokumente und Fotografien, das Erfragen faszinierender Ereignisse und Geschichten und das Heben des historischen Schatzes als Momente der Erkenntnis nicht weit entfernt. Vergangenes bekommt Namen und Gesichter, wird greifbar und konkret. Lernen wird bereichert durch Handeln und Probieren – Lernstoff durch regionale Bezüge und Geschichten.
Die Kontaktstelle für Jugendgeschichtsarbeit verfolgt das Ziel, Initiativen, Institutionen und Organisationen, die im Bereich der historischen Forschung engagiert sind, zusammenzubringen, den Austausch zu befördern und Kooperationen anzuregen. Wir beraten und unterstützen Jugendinitiativen und Projektgruppen, die in ihrer Region ein Stück Geschichte zum Leben erwecken, historische Fakten und Spuren heben und sichern wollen.
Geschichtsprojekte als Form der schulischen und außerschulischen Bildung stellen ein wichtiges demokratisches und kulturelles Lernfeld dar. Junge Menschen, die sich in Projekten mit Heimat, Identität, historischen Veränderungsprozessen und Biografien befassen, erfahren interdisziplinäre Wissenszugänge und erwerben handlungsorientiert demokratische Kenntnisse und Fähigkeiten.
In den betreuten Geschichtsprojekten entstehen Arbeiten, die vielseitige Themen und Schwerpunkte verfolgen. Gemein ist allen, dass junge Menschen einen Beitrag zu ihrer regionalen und lokalen Erinnerungskultur leisten.
Projekt Spurensuche bei www.saechsische-jugendstiftung.de
der Antrag
Förderantrag Jugendprogramm „Spurensuche“
Förderverein Christian Weise Gymnasium
Textile Pracht unter morbider Macht
“Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen an ihr vorbei” (George Orwell)
Orte von Arbeit und Leben in ihrer Geschichte lebendig machen! Gelebte Alltagsgeschichte der ehemaligen DDR untersuchen und lebendig werden lassen am Beispiel der Textilfirma Bartha und Schubert später “VEB Herrensakko” im Zweikronenhaus ( Christian Weise Haus ) auf der Neutstadt in Zittau
1) seit 2 Jahren sichert der Berliner Architekt Benjamin Pfefferkorn mit sehr geringen Mittel das “Zweikronenhaus” auf der Neustadt 35 in Zittau vor dem Einsturz. Bis 1990 arbeiteten der jetzigen Ruinen die Näherinnen und Mitarbeiterinnen der ehemaligen Textilfirma Bartha und Schubert. Das Haus ist von lokalhistorischer Bedeutung, nicht nur weil es Sitz des königlichen Geldeintreibers war, den Prinzen Wenzel in Verfolgunszeiten beherbergte, sondern auch von den Eltern des bedeutenden Zittauer Sohnes und Pädagogen Christian Weise im Dreissigjährigen Krieg saniert wurde. Zu DDR Zeiten war es Teil einer Textilfirma mit ca. &0 Mitarbeitern, die sich heute noch zum Teil in “Brigadegruppen” alljährlich treffen.!
2) Die Projektergebnisse sollen von den Schülern zum Tag des offenen Denkmals im September 2017 der Öffentlichkeit im Haus selber präsentiert werden. Angedacht ist eine Zusammenarbeit mit der Christian Weise Bibliothek für das im Jahr 2018 anstehende Christian Weise Jubiliäum. Hier könnten die Arbeiten nocheinmal einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert werden.
Die Schüler werden zu Multiplikatoren lebendiger Geschichtsvermittlung.
Damit wir an der “Zeit nicht vorbeilaufen” und kulturelles Erbe lebendig und sichtbar wird, werden die ehemaligen Näherinnen von den Schülern interviewt. Eine Brücke zwischen den Generationen wird anhand einer Ruine und der in ihr lebendig gehaltenen Erinnerungen geschlagen. Durch das Erzählen und Zeigen von Erinnerungsstücken und Objekten der heute 60-80- jährigen ehemaligen Mitarbeiterinnen, findet eine direkte persönliche Begegnung mit der Enkelgeneration statt, die so in keinem Geschichtsbuch zu finden ist. Lokale Identität und “Wurzeln” können so einer Generation der “Abwanderung” direkt und eindringlich vermittelt werden. Einer vergessen Genertion von Arbeiterinnen “zuhören” – ganz im Sinne des Aufrufes der sächsichen Integrationsministerin Köpping vom 14.11.16 in der Sächsichen Zeitung: “Das Gefühl der Demütigung sitzt immer noch tief”.
„Spurensuche“ Förderverein Christian Weise Gymnasium
Chronik des “Zweikronenhaus” erarbeitet Agelika Wünsche 2011, Archivrecherchen Grit Weidner, Zittau, Bauakten aus dem lokalen Bauarchiv private Sammlungen der zu interviewenden Mitarbeiter, sowie Enkel der Betriebseigentümer.
Die Schüler des Christian Weise Gymnasiums werden im außerschulischen projektbezogenem Lernen die Näherinnen interviewen und die Ergebnisse zu einer Gemeinschaftsdokumentation erstellen, die begleitet vom Geschichtslehrer Jens Kothe und der Künstlerin Micheline Richau und der Recherchearbeit von Grit Weidner im Zweikronenhaus mittels unterschiedlicher Medien (z.B. Zeichnungen, Licht und Toninstallation) im Zweikronenhaus präsentiert werden. Denkbar wäre z.B. eine Reihe von Grossfotos, die man über die Fenster der Fassade nach außen hin sehen kann.
Was kann man in dem Projekt erleben und reflektieren?!
Die Schüler nehmen teil am Alltag der Näherinnen und hören der älteren Generation zu und nehmen sie als Bewahrer von „erlebter und gelebter Geschichte“ wahr. Dabei werden sie für das Prinzip „oral history“ sensibilisiert. Sie werden die Begegnung mit Fotos und Tonauf- nahmen dokumentieren und dabei reflektierend verarbeiten. Sie lernen das Denkmal von verschiedenen Seiten kennen. Sie können die zeitliche Einordnung und den historischen Hintergrund der Firma „Barta & Schubert“ erarbeiten oder fiktiv ein Nutzungskonzept entwickeln.
Sie werden in die Planung und Durchführung des Tages einbezogen. Beim jährlichen “Brigadetreffen” erklärten sich schon mehrerer Näherinnen gegenüber Grit Weidner bereit, öffentlich über ihren damaligen Arbeitsalltag zu berichten.
Eigene Geschichte im originärem historischen Raum erarbeiten, neu erleben, folgenden Gernationen vermitteln und neu interpretieren. Daraus ergeben sich wieder neue Fragestellungen, die nachhaltig zur Reflektion anregen: Wie gehe ich mit Geschichte um? Wie bringe ich Menschen zum erzählen und miteinander in Kontakt? Was ist wichtig, Kindern und Kindeskindern weiterzugeben? Was bedeutet für mich Heimat, wo liegen meine Wurzeln? Warum sind alte Menschen für junge Menschen wichtig und wertvoll? Was bedeutet in dem Zusammenhang Integration?!
Projektteilnehmende:
Benjamin Pfefferkorn – Architekt und Eigentümer des Zweikronenhauses
Micheline Richau – Bildhauerin/ Kunsttherapeu- tin/Dozentin Fachschule für Sozialpädagogik Berlin
Grit Weidner – Chronik des Zweikronenhauses
Christian Weise Gymnasium Zittau: Schüler und Geschichtslehrer Jens Kothe
Zum Interview bereite Mitarbwiterinnen der ehemaligen Kleiderfabrik „Barta & Schubert“
Christian Weise Bibliothek Zittau (angefragt)
wer interviewt wen… ?
März / April 2017
auf der Grundlage der Informationen und Kontakte durch G. Weidner legten wir fest, wer welche Interviews und Kontakte herstellt…
Meilensteine Projekt
Auswertung
die Interviews
August 2017
Nun sind wir mitten drin und haben bei unserem letzten Treffen erste Überlegungen für die Präsentationen überlegt. Die Jugendlichen haben 4 Interviews geführt, die sie schriftlich oder per Aufnahmen festgehalten haben.
der Nähmaschinensound
Das “Ensemble Wendgräben” mit Micheline Richau bei den Aufnahmen
die einzelnen Dateien hier zum Abspielen…
auch mehrere auf einmal möglich und spannend !
die Vorbereitungen
Montage der Seilwinde
Hängung der Bilder
Zuschnitt großformatige Drucke
Besuch Sächsische Zeitung SZ beim Aufbau
Barta & Schubert – die Photos
großformatig gedruckt zur Ausstellung zum Tag des offenen Denkmals 2017
mit großzügiger Unterstützung der Fa. Niggemeyer Bildproduktion, Bochum
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Barta & Schubert – Tabellen
aus einer firmeninternen Chronik 1969
der Tag
des offenen Denkmals am 10.9.2017
Unsere Ausstellung zum Tag des offenen Denkmals am 10.09.17 ermöglichte es uns, ein breites Publikum und neue Interviewpartner_innen als Zeitzeugen anzusprechen. Die Kontaktdaten wurden von Grit Weidner entgegen genommen.
Während der Aufbauarbeiten lernten wir einen Architekten kennen, dessen Mutter ebenfalls Näherin war. Er brachte uns ein Foto seiner Mutter mit, die ihn mit ihr vor dem Schwanenbrunnen zeigt.
Zum Tag des offenen Denkmals lernten wir Frl. Locke ehemalige Näherin persönlich kennen. Sie wurde im Interview von Frau Schneider erwähnt (Tochter des Firmenbesitzers Schubert). Beide hatten sich über Jahrzehnte nicht gesehen und freuten sich zum Tag des offenen Denkmals über ein Wiedersehen. Frl. Locke erkannte sich auf einen der großen Fotos wieder. Auch hier ist eine erneute Begegnung mit dem Spurensucheteam geplant.
Auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse, werden zwei Schüler_innen ihre komplexe Leistung im Februar 2018, geplant vor Publikum, im Zweikronenhaus präsentieren.
Fazit und Aussagen der Jugendlichen über das Projekt :
„…das Projekt ist ein Teil meines Lebens und es erfüllt mich. Es tut mir richtig gut. Es ist der perfekte Ausgleich…“
„…Geschichte erleben,Geschichte erkunden,Geschichte erneuern.Zittau zu leben, Zittau zu spüren…“
„…Es ist schön mitzuerleben wie die ehemaligen Mitarbeiter aufblühn, wenn sie von ihren Erlebnissen bei der Firma B&S erzählen…“
„…Das Projekt hat mich im Wesentlichen bereichert, da ich viel Spaß hatte, viele neue Erfahrungen gemacht und auch tolle neue Menschen kennen gelernt habe…“
„…Das Projekt hat mir gezeigt, dass auch alte Bauwerke die unscheinbar wirken eine einzigartige Geschichte mit sich bringen können…“
1 Frl.Locke , ehemalige Näherin der Firma begegnet nach Jahrzehnten den beiden Töchtern des ehemaligen Firmenbesitzers Harry Schubert
2 Frl.Locke in jungen Jahren mittig zu sehen
3 Frl.Locke vor der Bilddokumentation des Spurensucheteams
4 das Spurensucheteam mit den beiden Töchtern des Firmenbesitzers
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8 Andreas an der Seilwinde im gegenüberliegenden Haus, um die „genähte Ware“ mit einem nachgebauten Stempel „VEB Herrensakko Zittau“ zu versehen
9 Besucher nehmen ihre „Ware“ entgegen
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13 Andreas mit der für das Publikum angefertigte Warentüte- Postkartenset und Stoffschablone
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17 Anna -Lena näht die Stoffschablonen auf
18 Anna -Lena näht die Stoffschablonen auf
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23 Grit Weidner im Gespräch mit Zeitzeugen
im Vordergrund: Frau Schmidt- ehemals Lohnbuchhalterin Barta & Schubert
24 Frl. Locke vor den Fotos der Firma Barta & Schubert
25 Frl. Locke im Gespräch mit Micheline Richau
26 das Spurensucheteam mit zwei Zeitzeugen
27 Frl.Locke vor „ihrem“ Bild
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die Präsentation
auf den “Jugendgeschichtstagen” der Sächsischen Jugendstiftung im Landtag Dresden am 23.-24.11.2017.
aus dem Text der Stiftung:
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In diesem Jahr beteiligten sich 26 Jugendgruppen aus allen Teilen Sachsens am Programm. Sie haben Geschichte aufgespürt, die so in keinem Geschichtsbuch zu lesen ist. Sie durchforsteten Dokumente, sprachen mit Zeitzeugen die ihnen Auskünfte gaben über eine Zeit, die sie selbst nicht miterlebt haben. Rund 240 junge Menschen haben in ihren Projekten ein Stück der Geschichte aufleben lassen und sich so für ihre Heimatregion engagiert.
Von der Vertonung der Geschichte des verfallenen Zweikronenhauses in Zittau, mit Sitz der ehemaligen Kleiderfabrik „Berta & Schubert“, über die bewegenden Erlebnisse der Menschen, die wegen Krieg ihre Heimat verlassen mussten reichte die Palette der Geschichtsprojekte. Jugendliche aus Chemnitz befragten Groß- und Urgroßeltern zu ihren Erfahrungen nach dem Zweiten Weltkrieg und führten Interviews mit Flüchtlingen aus Syrien. In einer praxisorientierten Zeitreise beschäftigte sich eine Jugendgruppe aus Görlitz im Rahmen des Reformationsjahres mit den Personen Martin Luther, Johannes Gutenberg und Iwan Fjodorow, dem russischen Erfinder des Buchdruckes.
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zum kompletten Text auf der Seite der Stiftung … ( externer Link )
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dieses Photo: © Thomas Schlorke
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