presse


2020

Sächsische Zeitung – Löbau vom 21.02.2020, S. 9 / Lokales

Historische Straßen und Häuser werden saniert

Zittau beantragt 19 Millionen Euro für mehr als 30 Baumaßnahmen in der historischen Innenstadt – und für weitere Abrisse in Ost.

Die Zittauer Stadtentwicklungsgesellschaft (ZSG) hat Anträge auf Fördermittel im Umfang von 19 Millionen Euro für Stadtumbau und -sanierung auf den Weg gebracht. Zuvor hatte der Stadtrat grünes Licht dafür gegeben. Mit den Zuschüssen von Bund und Land, zu dem die Stadt in den meisten Fällen einen Eigenanteil beisteuern muss, sollen über 30 Sanierungen, Sicherungen und Abrisse finanziert oder fortgeführt werden. Das sind sie:

Um das Zwei-Kronen-Haus – die Neustadt 35 – steht es nicht gut. Um dem privaten Eigentümer bei der teuren Sicherung zu helfen, soll er ebenfalls Fördermittel ohne städtischen Eigenanteil von Zittau bekommen.


2019

Sächsische Zeitung – Löbau vom 23.07.2019, S. 16 / Lokales

Lebte ein Königssohn heimlich in Zittau?
Schon im Mittelalter gab es PR-Legenden. Die Geschichte um Wenzel II. ist eine.

Ein von bösen Mächten aus Prag vertriebener Königssohn lebt heimlich und unerkannt in Zittau. Er hat eine gute Zeit in der Stadt. Dann erfährt das böhmische Volk von seiner Existenz. Und holt ihn mit Pauken und Trompeten zurück nach Prag. Alle reden von Zittau. Und auch der König hat zeitlebens eine hohe Meinung von der Stadt.
Der Stoff, aus dem Träume sind! Das war schon im Mittelalter so, im 13. Jahrhundert. Gerade hatte Ottokar, Wenzels Vater, Zittau großzügig umritten und damit zu einer der größeren Städte seines Reiches gemacht. Und jetzt redete man überall über die Stadt. Selbst der Prager Abt “Petrus von Zittau” verbreitete die Legende. Damals war es Ehrensache für Weggezogene, etwas für die Heimat zu tun. Für den Zittauer Stadtschreiber Johannes von Guben war es ohnehin eine Pflicht. Selbstverständlich auch für Christian Weise, “durch das Zittauische Localinteresse des ihm mündlich überlieferten Stoffes angefeuert”, wie “Wikisource” erklärt.

Die Legende lebte also auch im 17. Jahrhundert noch. Was davon wirklich wahr war, ist allerdings unklar. Historisch belegt ist, dass der “Stadtgründer” Ottokar II. im August 1278 starb. Für seinen siebenjährigen Sohn Wenzel wurde Markgraf Otto von Brandenburg als Vormund bestimmt. Am 4. Februar 1279, also vor 740 Jahren, setzte dieser den Prinzen auf der Burg Bezdz (Bösig) fest. Danach heißt es offiziell, dass der Prinz in die märkische Festung Spandau überführt wurde und dort bis 1282 blieb. Manche Quellen schreiben: “über Zittau”.

Chronist sorgte für Spannung Der Zittauer Chronist Carpzow stellt die Sache wesentlich spannender dar. Er berichtet, dass Wenzels Mutter Kunigunde, die mit ihm auf dem Bösig eingesperrt war, durch eine List entweichen konnte. Mit Hilfe des schlesischen Ritters von Falkenstein hätte sie auch den Prinzen befreit und ihn den Zittauern “zur Auferziehung und Sicherheit anbefohlen”. Das ist natürlich, vor allem für Zittau, die schönere Geschichte.

1855 fasste Johann Georg Theodor Gräße in seinem Buch “Der Sagenschatz des Königreich Sachsen” das Material dann komplett im märchenhaften Ton zusammen. Bei ihm hat ein “falscher Oheim” (Onkel) “Mörder gedungen”, um an die Böhmische Krone zu kommen. Diese aber hatten Mitleid (Schneewittchen lässt grüßen) und ließen den Jungen laufen. Der bettelte sich bis nach Zittau durch, wo ihn ein “wohlhabender Schuhmacher” aufnahm. Der glaubte ihm nicht wirklich, dass er ein Prinz sei. Aber er behandelte ihn wie einen Sohn, “lehrte ihn sein Handwerk und ließ ihn auch sonst in mehr Wissenschaften unterrichten, als ein Schuhmacher braucht”.

Der neue Herrscher Ottokar unterdrückte das Volk so sehr, dass sich der Prinz schließlich zu Wort meldete. Man erkannte die Ähnlichkeit mit seinem Vater und rief ihn zum König aus. Gräße nennt auch zwei “Beweise” für die Ereignisse: Das Haus, wo der Schuhmacher wohnte “ziert bis heute eine goldene Krone”. Und die Stelle, wo das Volk den Prinzen zum König machte, heißt heute “Königsholz”. Stichhaltige Beweise sind das natürlich nicht. Aber das Königsholz gibt es bis heute. Und das Haus an der Zittauer Neustadt hat heute sogar zwei Kronen. Vielleicht hat auch Christian Weise, der später in diesem Haus aufwuchs, zur Legende beigetragen.

Dass Wenzel in seiner schwierigsten Zeit eine Weile in Zittau war, ist nicht auszuschließen. Als König hat er die Stadt immer sehr wohlwollend behandelt.
Bildunterschrift:
Hier im Zweikronenhaus in der Zittauer Neustadt (zweites Gebäude von rechts) soll einst ein “wohlhabender Schuhmacher” Wenzel aufgenommen haben. Als Beweis betrachtete man eine Krone, die das Gebäude ziert. Später kam noch eine weitere dazu. Foto: D. Rössler


2017
Auf Spurensuche im Zweikronenhaus

Sächsische Zeitung, Freitag, 08.09.2017

Eine Berliner Künstlerin erforscht mit Zittauer Schülern das Zweikronenhaus an der Neustadt. Erste Ergebnisse sind Sonntag am Denkmalstag zu sehen.

Von Jan Lange

An Seilen hängen dunkle Herren-Sakkos, dahinter zeigt ein riesiges Foto eine Gruppe Näherinnen. Micheline Richau und mehrere Jugendliche rücken alles an die richtige Position. Mit der Aktion wollen die Berliner Künstlerin und die Schüler an die frühere Kleiderfabrik „Barta & Schubert“ erinnern, die im sogenannten Zweikronenhaus auf der Zittauer Neustadt ihren Sitz hatte. 1972 zwangsweise verstaatlicht, wurde der Betrieb Anfang 1991 endgültig geschlossen.

Seit damals steht das Gebäude leer. Benjamin Pfefferkorn, dem das Zweikronenhaus gehört, öffnet am Sonntag anlässlich des Denkmaltages erneut die Tür zu dem Haus, in dem früher auch Christian Weise lebte. Die Besucher können nicht nur einen Blick in die ehemaligen Arbeits- und Wohnräume werfen, sondern auch mehr über „Barta & Schubert“ erfahren. Bereits im Vorjahr setzten sich Micheline Richau und Schüler des Christian-Weise-Gymnasiums mit der Chronik des Hauses auseinander. Die Geschichte wurde von den Schülern bei einem Radioworkshop vertont. Die Jugendlichen bekamen dadurch so viel Lust, dass das Projekt als außerschulische Arbeitsgruppe fortgesetzt wurde. Die Sächsische Jugendstiftung fördert das Projekt mit 1 200 Euro . In der Folge wurden Zeitzeuginnen ausfindig gemacht und interviewt. „In den individuellen Erzählungen wird das Verhältnis vom damaligen Alltagsleben in der DDR in Bezug zum heutigen gesetzt“, erklärt Frau Richau, die sonst als Dozentin an der Fachschule für Sozialpädagogik in Berlin lehrt.

Auch über den ehemaligen Chef Klaus Barta sind Informationen zusammengetragen worden. So stellte ein Freund ein Video zur Verfügung, das Barta beim Tauchurlaub zeigt. Darin ist viel über seine Person zu erfahren. „Er muss ein strenger Chef gewesen sein“, weiß Frau Richau. Von Barta gibt es zum Beispiel den überlieferten Satz „Was ich kann, müssen die anderen auch können.“ Das Video wird am Sonntag gezeigt – ebenso wie Interview-Einspielungen mit den früheren Näherinnen. Darüber hinaus ist eine Toncollage von Näh- und Schneidergeräuschen zu hören. Außerdem plant das Projektteam eine besondere Aktion mit Stofffetzen, bei der auch das gegenüberliegende Eckhaus einbezogen werden soll. Geöffnet ist das Zweikronenhaus am Tag des offenen Denkmals von 10 bis 17 Uhr. Die am Projekt beteiligten Schüler sind an diesem Tag ebenfalls vor Ort und können Fragen der Besucher beantworten oder von ihren Recherchen berichten. Auch bei den Jugendgeschichtstagen im November im Sächsischen Landtag werden die Schüler ihr Projekt vorstellen.

Besichtigt werden kann am Sonntag die erste und ein Teil der zweiten Etage. Die Nähwerkstatt in der obersten Etage ist aus baulichen Gründen nicht zugänglich.

Noch ist das Projekt nicht abgeschlossen. „Wir suchen noch weitere Zeitzeugen“, erklärt Micheline Richau. Auch über weitere Fotos würde sich das Projektteam freuen. Besonders interessant seien die Aufbaujahre – „Barta & Schubert“ ist 1934 gegründet worden –, wie auch die Zeit nach der Enteignung. Vielleicht, so hofft Frau Richau, kommt dabei auch noch ein originales Sakko von „Barta & Schubert“ zutage. Die am Sonntag präsentierten stammen aus dem eigenen Bestand.

Wer noch Zeitdokumente besitzt oder selbst in der Kleiderfabrik gearbeitet hat, kann sich bei Benjamin Pfefferkorn melden:  0151 17871959 oder projekt@zweikronenhaus.de


2016

Sächsische Zeitung – Zittau vom 12.09.2016, S. 15 / Lokales

Ein heißer Tag des offenen Denkmals

4 000 Besucher sind am Sonntag in Zittaus geschichtsträchtige Mauern geströmt. Kunst und Kultur gab es gratis dazu.

Gnadenlos brennt die Mittagssonne auf den Planeten. Hanna Janßen aus Ostfriesland und Eric Neumann aus Radgendorf haben eine Flasche Wasser dabei, als sie an der Mandaukaserne ankommen. Temperaturen um die 30 Grad Celsius haben das Paar und Hunderte Besucher am Sonntag nicht davon abgehalten, den Tag des offenen Denkmals zu nutzen, um das sonst verschlossene Gebäude von innen zu betrachten.

In einem alten Holzregal zeigt der Verein “Freunde der Mandaukaserne” alte Radios, historisches Küchengerät, verrostete Werkzeuge und andere Fundsachen. Einige Meter weiter läuft ein Videofilm, in dem die Kaserne aus der Luft gezeigt wird. In den ehemaligen Stuben der Soldaten hängen alte Fotos des Königlich Sächsischen Infanterieregiments und anderer Militärs. Im Treppenhaus schieben die schwitzenden Menschen ihre Körper aneinander vorbei und werfen einen Blick in die endlos scheinenden, abgesperrten Flure des monströsen Bauwerkes.

Die Mandaukaserne zählte am Sonntag zweifellos zu den Hauptanziehungspunkten. Etwas ruhiger und angenehm kühl zeigte sich die ehemalige Jugendzahnklinik in der Reitbahnstraße 1, die notgesichert, an normalen Tagen ebenfalls nicht zugänglich ist. Auf drei Etagen präsentierten acht Künstler des Oberlausitzer Kunstvereins ihre Werke. Die Bandbreite reichte von Malern der alten Schule bis zu den jungen Wilden. Die Ölfarbe an Konrad Riedels Bildern leuchtete noch feucht. Er arbeitete am Vortag noch bis spät in die Nacht an seinem Vierteiler, den Porträts älterer Herren. Zwei Etagen höher präsentierte Elisa Keller aus Großschweidnitz Glasschmuck und unterm Dach zeigte Yvonne Schäfer aus Hirschfelde Aktzeichnungen. Insgesamt nutzten 21 Künstler den Tag, um mit den Zittauern ins Gespräch zu kommen. “In Zittau kommen die Künstler zu den Bürgern, nicht umgekehrt”, sagt Frank Förster, der die Ausstellungen mitorganisierte.

Nur einen Steinwurf entfernt, erklärte Bauherr Thomas Bohlbrock den Besuchern seiner Baustelle in der Böhmischen Straße 32, weshalb er das marode Gebäude überhaupt gekauft habe. Einziger Grund des 69-Jährigen: Er wollte verhindern, dass sein bereits saniertes Nebenhaus beschädigt wird. Im Gebäude entstehen derzeit drei mondäne Wohnungen. Der Rohbau steht kurz vor dem Abschluss. Schon jetzt sind die großzügigen Grundrisse der Räume erkennbar. Besonders staunten die Besucher, als sie die 270 Quadratmeter große, vom Tageslicht durchflutete Dachgeschosswohnung sahen.

Die Installation der Berliner Künstlerin Micheline Richau im Zweikronenhaus auf der Neustadt, inspirierte viele Besucher, den Fotoapparat zu zücken. Kein Wunder, wann bekommt man im Raum schwebende Stühle und Tische zu sehen? Eine Uhr im Raum schwebend, stehengeblieben. Zeit und Gäste hielten inne und lauschten den Stimmen. Eine optisch, akustische Installation mit philosophischem Ansatz für einen Tag. Vor dem Nebenhaus, bei Pasta Fantastica gaben sich zwei Tänzer am Nachmittag sichtlich Mühe, die Passanten zu bewegen, es ihnen nachzutun und Tango zu tanzen.

Nicht nur im Stadtzentrum, überall waren Menschen in Straßen und Cafés anzutreffen. In der ehemaligen Societätsbrauerei in der Bahnhofstraße konnten Besucher des Denkmaltages sehen, wie der historische und inzwischen ausgeschlachtete Industriebau langsam in sich zusammenfällt. “Hier drin wurden die Flaschen abgefüllt”, sagte ein Vater zu seinem Sohn beim Blick durch die zerschlagenen Industriefensterscheiben. Das Gelände der Brauerei bietet ein Bild des Niedergangs und ist allenfalls noch als Endzeit-Filmkulisse nutzbar. Darüber kann auch die originelle Wandmalerei an einem Nebengebäude nicht hinwegtäuschen. Kurz vor dem Ende des Denkmaltages gab die Stadtentwicklungsgesellschaft als Veranstalter bekannt, dass bei einer internen Zählung über 4 000 Besucher in den 51 Denkmalen gezählt wurden.

Bildunterschrift:
Hanna Janßen aus Aurich und Eric Neumann besichtigten die Mandaukaserne (großes Bild). Kunst wurde im Zweikronenhaus (Bild oben) und in der ehemaligen Jugendzahnklinik (Bild Mitte) geboten. Das Wandbild unten ist im Hof der ehemaligen Societätsbrauerei zu sehen.


2015

Sächsische Zeitung vom 04.06.2015 Seite 16 / ZIT Zittau Lokales

Lange Nacht der Vorleser in Zittau

Zittau. Morgen wird ganz Zittau zum zweiten Mal dem Vorlesefieber verfallen. Bei der Langen Nacht der Vorleser wird an sieben Orten in der Stadt gelesen. Ob Krimi, Roman, Gedicht oder selbst geschriebener Liedtext – Vorleser aller Art sind willkommen.
Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr gibt es diesmal zwei neue Lese-Orte: das Zwei-Kronen-Haus, Neustadt 35, und die Städtischen Museen, die im Franziskanerkloster lesen lassen. Interessierte Vorleser können sich noch über die Internetseite des Gerhart-Hauptmann-Theaters oder auch telefonisch anmelden.

Eröffnet wird die Lange Nacht um 20 Uhr im Theater, 21 Uhr geht es an den Lese-Orten los. Der Eintritt ist frei. (SZ) Leseorte: Klosterhof – “Grusel, Gruft und Leichenschmaus”, Gespenstisches und Morbid-Humoriges; Café Jolesch – “Science Fiction”, Christian-Weise-Bibliothek – “Heiter… Die Zweite”; EMIL – “Diesseits/Jenseits”, Jugend und Jugendkultur; Wächterhaus – “Schmidts & Schröders Katze”.
Anmeldungen: www.g-h-t.de/de/Lange-Nacht-der-Vorleser oder Telefon 0173 5881462


2014
Prinzenherberge auf der Neustadt gerettet

Sächsische Zeitung, 06.10.2014

Ein Berliner Architekt hat die Neustadt 35 gekauft. Zunächst sichert er das Gebäude. Wann das Haus saniert werden kann, ist noch unklar.

Von Mario Heinke

Benjamin Pfefferkorn steht im Bauschutt unter der eingestürzten Decke im ersten Obergeschoss und betrachtet stirnrunzelnd sein Haus. Es ist nicht irgendein marodes Gebäude, sondern die Neustadt 35 gegenüber dem Schwanenbrunnen. „Wenn ich es jetzt nicht gekauft hätte, wäre es früher oder später eingestürzt“, begründet der Berliner den Kauf. Als Architekt sei er sprichwörtlich in die Rolle des „Hausarztes“ geschlüpft, um den geschichtsträchtigen Bau zu retten, um den sich viele Geschichten ranken.

In der Neustadt 35 und 37 soll nach einem Bericht Johanns von Guben der früh verwaiste Sohn König Ottokars II., Prinz Wenzel drei Jahre seiner Kindheit verbracht haben, bevor er als Zwölfjähriger 1283 den böhmischen Thron bestieg. Christian Adolph Pescheck soll das bestätigt haben. Der Historiker Cornelius Gurlitt bezeichnete das Gebäude später als „die goldene Krone“. Die zwei Kronen im Torbogen könnten ein Indiz dafür sein, dass an der Geschichte etwas dran ist. Was davon stimmt oder nicht, hat Pfefferkorn noch nicht nachprüfen können. Über ein halbes Jahr zogen sich die Verhandlungen mit dem Vorbesitzer in Wien hin, bis es zum Kaufabschluss kam.

Im Erdgeschoss sind Stimmen zu hören. „Hallo, hallo ist da jemand“, ruft eine ältere Dame in den Hausflur. Pfefferkorn geht vorsichtig die Treppe hinab und begrüßt die Frau, die von ihrer Enkelin am Arm geführt wird. „Ich habe hier im Haus gearbeitet“, erzählt Elfriede Neumann. Weil die wuchtige Tür offen stand, sei die Oma neugierig geworden, entschuldigt sich die Enkelin Inka Neumann. „Kommen Sie ruhig rein“, lädt Pfefferkorn die beiden ein und führt sie durch die kaputten Räume im Obergeschoss. Frau Neumann schaut sich um und erzählt, dass sie in den 1970er und 80er Jahren in der privaten Näherei Barta & Schubert Herrensakkos genäht habe. An mehrere Nähsäle und den Zuschnittraum kann sich die 77-Jährige noch gut erinnern. Die Herrensakkos seien in Bandarbeit gefertigt worden, rund 100 Mitarbeiter sollen hier gearbeitet haben. Im Hausflur entdeckt die Rentnerin das alte Firmenlogo „B&S“, das über einem Türbogen prangt. Ein Haus voller Geschichte und Geschichten. Als der Architekt erzählt, dass er das Haus gekauft habe, ruft Frau Neumann: „Ach du lieber Gott, haben sie im Lotto gewonnen?“ Pfefferkorn lächelt: Da ist sie wieder. Die ausgeprägte Skepsis der Oberlausitzer, die ihm hier immer wieder begegne. Seine Lebensgefährtin sei von hier, erzählt der ehemalige Westberliner.

Vor zwei Jahren sei er mit ihr durch Zittau gelaufen und habe die Innere Weberstraße 36 entdeckt, die damals zum Verkauf stand. Zufällig gehörte das Objekt früher der Familie seiner Partnerin. Bäckermeister Hermann Döring, der Urgroßvater seiner Partnerin hatte das Haus 1927 erworben. Das Gebäude will der Architekt nun schrittweise sanieren, alte Materialien aufarbeiten und alte Türen restaurieren lassen. Mieter, die den morbiden Charme alter Gebäude bevorzugen, gibt es auch in Zittau, da ist sich der Architekt sicher.

In den nächsten Wochen will der Berliner seinen Neuerwerb – die Neustadt 35 – erst einmal sichern und winterfest machen. Damit die enormen Schäden im Innern nicht noch größer werden, legt der Baufachmann in den nächsten Wochen selbst Hand an. Seit über 15 Jahren laufe das Wasser ungehindert durch das kaputte Dach, deshalb sei schnelles Handeln gefragt. Gefreut habe er sich darüber, dass einige Zittauer ihm in den letzten Tagen spontan dabei geholfen haben, den Müll und Schutt aus dem Innenhof zu entfernen. Irgendwann sollen im Haus schöne Wohnungen entstehen. Wann das so weit sein wird, weiß der Berliner noch nicht, das hänge von vielen Faktoren und einer Finanzierung ab. Jetzt ist erst einmal der weitere Verfall gestoppt, so Pfefferkorn.


2012

Sächsische Zeitung vom 30.6.2012 Seite 20 / ZIT Zittau Lokales

“Zittau kann sich sehen lassen” Zittau – vor 20 Jahren und heute

Vor 20 Jahren hat die Stadtentwicklungsgesellschaft ihre schwere Aufgabe übernommen. Viel ist erreicht, aber ein Ende noch lange nicht in Sicht.

Zittau ist zwei Jahrzehnte nach der Wende eine Stadt mit zwei Gesichtern: Auf der einen Seite sind große Teile des denkmalgeschützten Stadtkerns saniert worden und wunderschön anzusehen. Auf der anderen Seite gibt es noch viele hässliche Ecken mit verfallenen Häusern. Mit beiden Seiten hat die am Montag vor 20 Jahren gegründete Stadtentwicklungsgesellschaft zu tun. Bei den meisten der sanierten Häuser hat die Stadtfirma den Bauherrn geholfen. Gegen die verfallenen Häuser entwickelt sie Konzepte. Wie weit sie damit ist und wie es mit der Stadtentwicklung weitergeht, weiß am besten Geschäftsführerin Birgit Kaiser.

Frau Kaiser, 20 Jahre nach Gründung der Zittauer Stadtentwicklungsgesellschaft: Wo steht die Stadtsanierung beziehungsweise Stadtentwicklung?

Im Bereich Innenstadtsanierung, mit dem wir 1992 gestartet sind, haben wir 60 Prozent geschafft und 80 Millionen Euro in die Gebäude im Stadtkern gesteckt, davon ein Großteil in Denkmäler. Wenn Sie sich vorstellen, wie jetzt zum Beispiel das Theater, das Stadtbad, das Salzhaus, das Rathaus oder das Museum aussehen, dann wissen Sie, wo das viele Geld steckt. Wir haben auch Eigentümern privater Häuser geholfen. Unsere Aufgabe war und ist, die Möglichkeiten, die der Stadtumbau bietet, zu nutzen. Auf diesem Gebiet haben wir viel erreicht, auch wenn ich mir persönlich wünsche, dass wir schon weiter wären.

Bei den 80 Millionen Euro handelt es sich nur um die Fördermittel der öffentlichen Hand?

Ja, das sind Gelder unter anderem aus den Förderprogrammen Stadtumbau-Ost, Städtebaulicher Denkmalschutz, Städtebauliche Erneuerung und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Darin stecken im Durchschnitt 20 bis 30 Prozent Eigenmittel der Stadt.

Viel Geld haben private Eigentümer ausgegeben?

Sie bekommen in der Regel 40 Prozent Fördermittel für ihre Projekte.

Wie viel – privates und öffentliches – Geld ist also insgesamt seit der Wende in die Zittauer Innenstadtsanierung geflossen?

Mit Straßen, die zum Teil zu 100 Prozent gefördert wurden, und anderen Vorhaben wurden insgesamt rund 140 Millionen Euro investiert.

Hat der Einsatz dieser Riesensumme dazu geführt, dass Sie sagen: Wir haben inzwischen Ecken in Zittau, die fertig sind?

Ja, aus Sicht der öffentlichen Hand schon. Denken Sie zum Beispiel an die obere und untere Neustadt und – bis auf den Wegebau – an die Bautzener Straße. Dort haben wir – bis auf einzelne Häuser – keine städtebaulichen Missstände mehr, die wir mit Fördermitteln abstellen müssen. Das gilt übrigens auch für Gebiete außerhalb der Innenstadt wie zum Beispiel für das Weinauviertel und die Westvorstadt.

Apropos außerhalb der Innenstadt: Wo sehen Sie dort die größten Probleme?

Mir fällt sofort der Blick vom Bahnhof auf das Robur-Gelände, überhaupt das gesamte Bahngelände inklusive der Herwigsdorfer Straße ein. Auch das Armeegelände und einige Blickmomente auf Haupteinfallsstraßen wie auf der Friedensstraße aus Richtung Polen, die Ecke Neusalzaer/Dresdner Straße oder auf der Äußeren Weberstraße stellen städtebauliche Missstände dar. In diesem Zusammenhang betrachten wir den zunehmenden Leerstand mit großer Sorge.

Wie sieht es in den Ortsteilen aus?

Die Ortsteile haben sich von allein stabilisiert. Dort müssen wir weder soziale noch städtebauliche Missstände abstellen. Wir versuchen, für sie über die Integrierte Ländliche Entwicklung eine gewisse Daseinsvorsorge zu schaffen. Die einzige Ausnahme ist wegen der Industriebrachen und des Marktplatzes Hirschfelde.

Wie viel Prozent der gesamten Stadt sind inzwischen saniert?

Eine Prozentzahl kann ich nicht nennen, denn Häuser bestimmter Bereiche wie zum Beispiel die der Lessingstraße haben wir für die Stadtsanierung nie erfasst. Sie haben sich von selbst entwickelt. Allerdings kann ich sagen: Zittau muss sich im Vergleich zu anderen Städten optisch nicht verstecken.

Zurück zur Innenstadt: Wie viel Prozent sanierte Häuser hatten Sie sich vorgenommen, als die Stadtentwicklungsgesellschaft 1992 angetreten ist?

Ich persönlich will 100 Prozent schaffen. Aber als wir damals unsere Ziele aufgestellt haben, hatten wir uns die Stadtsanierung einfacher vorgestellt. Heute muss man abwägen: Was kann man, was kann man nicht. Außerdem sind die Prozesse viel, viel langwieriger geworden. Es dauert zum Beispiel viel länger als noch in den 90er Jahren von der Idee zur Sanierung eines Hauses bis zum Bauende. Vor diesem Hintergrund staune sogar ich immer wieder, dass dann doch immer wieder etwas fertig wird.

Sie haben sich keine konkrete Zahl als Ziel gesetzt?

Nein. Die Stadtsanierung ist über einen so langen Zeitraum, in dem sich Gesetze, Fördermitteltöpfe und wirtschaftliche Voraussetzungen ändern, nicht planbar. Zurzeit haben wir sieben bis acht Anfragen von privaten Eigentümern wegen der Sanierung ihrer Häuser pro Jahr. Am Ende entschließen sich zwei bis drei wirklich zur Sanierung. Wenn man das hochrechnet, ist 2020 sehr schnell da und man weiß, dass wir auch dann nicht 80 Prozent saniert haben. Das dauert wesentlich länger. Deshalb haben wir unser Ziel idealistischer formuliert: Wir wollen die Innenstadt erhalten und beleben, sie begrünen, die Häuser mit Balkons und Fahr-stühlen ausrüsten, die Straßen machen, dafür sorgen, dass sich Kinder wohlfühlen… Aber schon das funktioniert nicht.

Warum?
Weil es Gebäude gibt, die keiner haben und nutzen, also auch nicht sanieren will. Werden wir aus diesem Grund noch viele Häuser fallen sehen?

Ja, es sei denn, sie fallen nicht von allein ein. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wenigstens Häuser wie die Neustadt 35 und die Innere Weberstraße 31 stehen bleiben. Wir als Stadt können sie nicht erhalten. Das müssen die Eigentümer tun. Wir können nur helfen.

Wenn Sie 20 Jahre zurückdenken: Was waren die schönsten Momente für Sie als Chefin der Stadtentwicklung?

Als die Expertenrunde des Bundes für den Städtebaulichen Denkmalschutz in Zittau getagt und die Stadt wahrgenommen hat. Baulich gesehen habe ich mich zum Beispiel ganz besonders über die Instandsetzung der Neustadt 21, des Salzhauses und des Stadtbades gefreut. In jüngster Zeit gehört unbedingt die Sanierung von Markt 17, 19, 21 dazu. Insgesamt gibt mir jedes Haus, das saniert ist und dessen Läden und Wohnungen genutzt sind, ein gutes Gefühl. Und am schönsten ist es, wenn mich der Eigentümer nach der Sanierung auf der Straße trifft und noch grüßt, denn nur er und wir wissen, wie viel Kraft, Zeit und Schweiß in so einem Projekt stecken.

Welche Projekte haben Sie und Ihr Team aktuell auf dem Schreibtisch?

Die Fertigstellung der Brunnenstraße 1 bis 3, den Bau der Brunnenstraße, die Vorbereitung der Arbeiten an Baderstraße 2, 4, 6, 8, dem Noack’schen Haus und stadtentwicklerisch natürlich am Fachmarktzentrum. Darüber hinaus würden wir uns gern der Herausforderung Weberstraße 16, 18, 20, 37 und 39 stellen.

Gibt es konkrete Absichten der Eigentümer?

Ja. Darüber hinaus müssen wir uns zurzeit viel mit theoretischen Dingen beschäftigen, denn die Förderprogramme werden zurzeit umstrukturiert. Deshalb erarbeiten wir mit der Stadt Strategien.

Hat die Summe der Fördermittel abgenommen?

Ja, in Größenordnungen. Zum Beispiel hatten wir mal pro Jahr drei Millionen Euro zur Unterstützung privater Eigentümer. Jetzt sind es noch knapp eine Million Euro. Zudem wird es immer schwieriger für uns, die Wünsche der Eigentümer mit den Verwaltungsvorschriften in Einklang zu bringen.

Wird sie weiter abnehmen?

Ja, in den Programmen die jetzt laufen. Aber es wird andere geben. Ob die Konditionen dann besser oder schlechter sein werden, wage ich noch nicht abzuschätzen.

Welche neuen wird es geben?
Der Städtebauliche Denkmalschutz wird bleiben. Der Rest wird unter Stadtumbau zusammengefasst.

Reagiert der Bund, indem er das Ost aus Stadtumbau-Ost streicht, auf die demografische Entwicklung in ganz Deutschland?

Ja, aber auch auf städtebauliche Missstände in Weststädten.

Ihr Vertrag als Geschäftsführerin ist kürzlich bis 31. Januar 2018 verlängert worden. Was wünschen Sie sich bis dahin?

Ich wünsche mir sehnlichst, dass wir als Stadt Zittau im Quartier Mandauer Berg, Rosen-, Breite, Baderstraße ein Zeichen setzen und ein Ansporn für andere Eigentümer sind. Darüber hinaus gibt es weitere Einzelbausteine.

Zum Beispiel?

Die Neustadt 34, 35. Oder, dass es auf der Amalien- und Böhmischen Straße weitergeht, dass ein Eigentümer sagt: Ich fange an, ich mach’s. Außerdem müssen wir den Bereich Albertstraße/Neustadt für ein ansprechendes Fachmarktzentrum entwickeln. Außerhalb des Stadtkerns ist die Entwicklung des Robur-Geländes ein Traum. Emotional wünsche ich mir mehr Vertrauen in das, was die Verwaltung macht. Ich habe noch so viel mehr Wünsche, aber dafür reicht der Platz in Ihrer Zeitung nicht.

Bildunterschrift :

B. Kaiser

Das Salzhaus auf der Neustadt ist seit der Wende in ein Schmuckkästchen verwandelt worden. Fotos: Stadtverwaltung Zittau, SZ-Archiv, Thomas Knorr

Viele Häuser an der Bautzener Straße, zum Beispiel das Gymnasium, sind so schön wie das Gebäude an der Ecke zur Kirchstraße geworden.

Am Markt gibt es nur noch ganz wenige Gebäude, die unsaniert sind. Dazu gehören das alte Finanzamt und das Noack’sche Haus.

Schritt für Schritt wurde die ehemalige Baugewerkeschule am Ring in den 90er Jahren innen und nach der Jahrtausendwende außen saniert.

Zur Wende war der Blick die Neustadt hinunter nicht schön: Das hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich geändert.

An der Theodor-Körner-Allee wurden früher Textilien hergestellt. Heute lernen dort am Ring Studenten in den neuen Campusgebäuden.

Von Thomas Mielke


2008

Sächsische Zeitung vom 21.10.2008 Seite 15 / ZIT Zittau Lokales


Auf den Spuren des berühmten Zittauers

Heute wird der neue Gedenkpfad zu Christian Weise eingeweiht. Er umfasst zehn Stationen aus seinem Leben.

Es ist das mit Sicherheit greifbarste Produkt im Rahmen der Ehrungen für Christian Weise: der neue Gedenkpfad für den Gelehrten und Pädagogen. An zehn Stationen werden die Lebens- und Arbeitsstätten des berühmtesten Sohnes der Stadt präsentiert. Neun davon befinden sich in der Innenstadt, eine außerhalb des Zentrums. Bei der zehnten Station handelt es sich um den Altbestand der Christian-Weise-Bibliothek, der im früheren Armeegelände seinen Sitz hat. “Da hier unzählige Schriften von und über Weise vorhanden sind, wollten wir diese Station nicht vergessen”, sagt Bärbel Wienrich von der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft. Ob diese Station auch Bestandteil der künftigen Weise-Stadtführung sein wird, die ab Ende des Jahres über die Touristinformation gebucht werden kann, steht noch nicht endgültig fest. In der zum Rundgang dazugehörigen Broschüre wird sie jedoch beschrieben. Ebenso wie die anderen neun Stationen, zu denen Weises Elternhaus Neustadt 35 und das Dornspachhaus, in dem er viele Jahre gelebt hatte, gehören. (jl)

Die Gedenkveranstaltung mit anschließender Einweihung des Weise-Pfades beginnt um 16Uhr am Christian-Weise-Denkmal.


2008

Sächsische Zeitung vom 04.07.2008 Seite 17 / ZIT Zittau Lokales

Zittau, Reaktionen zu “Österreich beschimpft Zittau” Wiener kämpfen für Zittaus Ruf

Österreicher Martin Freund kauft und saniert seit der Wende in der Kreisstadt Häuser und ist über den beleidigenden Artikel der Zeitung “Heute” empört.

Magret und Martin Freund sind Wiener – und werden in ihrer Heimatstadt gegen die Beleidigung Zittaus durch das Boulevard-Blatt “Heute” vorgehen. “Wir werden auf eine Stellungnahme pochen”, kündigt Magret Freund an. Beide sind ehrlich empört, wie das Wiener Blatt mit der ostsächsischen Stadt umgesprungen ist. Die kostenlose Zeitung hatte Zittau unter anderem als “ostdeutsches Provinzkaff”, “verfallenes Ex-DDR-Kaff” und “ärmliche Kleinstadt” (“Österreich beschimpft Zittau”, SZ vom 25. Juni) verunglimpft. Anlass dafür sind die mittlerweile zu Ende gegangenen Dreharbeiten für den Film “Mein Kampf”, in dem Zittau das historische Wien darstellt.

Der Bauunternehmer und seine Frau kennen Zittau seit vielen Jahren. Er ist bis zu 14-mal im Jahr hier, weil er seit der Wende in die Stadt investiert. Neben verschiedenen Firmenaktivitäten hat er sechs verfallene Mehrfamilienhäuser in der Innenstadt gekauft und saniert sie nach und nach. “Hochwertig”, sagt der Baumeister, was in Österreich Planer, Bauingenieur und Architekt in einem meint.

Die Schichtstraße 3 ist seit Längerem fertig, die Neustadt 43 (und ehemals Klosterstraße 10) seit vorgestern. Nur eine Wohnung ist in dem nach historischem Vorbild wieder aufgebauten Doppelhaus noch frei. “Sie ist behindertengerecht”, sagt Freund. Seit der Wende beziehungsweise seit 1993 hatte in den beiden Häusern niemand mehr gewohnt. Sie verfielen, waren ein Schandfleck und den Anwohnern ein Dorn im Auge. Auch die Böhmische Straße 19, die Neustadt 35 und der Mandauer Berg 4 gehören den Freunds und werden saniert.

Auf Zittau sind der Baumeister und Freunde, die ebenfalls noch in der Region aktiv sind, 1990 fast durch Zufall und durch den Kontakt zum damaligen Chef der kommunalen Wohnungsverwaltung in Zittau gekommen. Erst wollten sie in Dresden investieren, doch dort hatte schon das Monopoly-Spiel der Großen begonnen. So fuhren sie nach dem Gespräch mit dem Wohnungsverwalter einfach bis an die Neiße weiter.

Dass sie geblieben sind, hat mehrere Gründe. Erstmals hat der Immobilienverkauf geklappt. “Das hielten wir für ein gutes Omen”, sagt Freund. Die Stadtentwicklung, das Rathaus und der Denkmalschutz sind zugängig und helfen – und nicht zuletzt ist Zittau eine schöne Stadt mit Potenzial.


2007

Sächsische Zeitung vom 30.11.2007 Seite 17 / ZIT Zittau Lokales

Halbzeit für neue Wohnungen

An der Baustelle auf der Klosterstraße feiern die Arbeiter heute Richtfest.

Gestern brachten Arbeiter die letzten Verbindungsstücke am Dachstuhl an. Die ersten Bohlen der Verschalung sind ebenfalls verlegt. Heute, 14Uhr, ist Richtfest an der Baustelle Neustadt/Ecke Klosterstraße in der Zittauer Innenstadt. Damit ist sozusagen die Halbzeit erreicht. Bis 1. Juni soll hier alles fertig sein, sagt Alexander Wittig, der die Immobilien verwaltet. Eigentlich ist es nur noch eine, denn dort, wo früher zwei Häuser standen, gibt es künftig nur noch eine Adresse: Neustadt 43. Dieses Gebäude ist nun durch ein gemeinsames Treppenhaus mit dem Gebäude Klosterstraße 10 verbunden. “Weil es nur noch einen Eingang gibt, kann es auch nur noch eine Anschrift geben”, erklärt Wittig einleuchtend.

Alte Mauern trugen nicht mehr

Viel von den alten Gebäuden ist nicht stehen geblieben, obwohl das ursprünglich anders geplant war. Doch die alten Mauern trugen nicht mehr. Sogar einen Einsturz habe es auf der Baustelle gegeben, erzählt Martin Freund aus Wien, der die Häuser samt Grundstück gekauft hat. Ein großer Teil entsteht also als Neubau, “aber original so, wie es früher gewesen ist”, so der Investor. Von außen wird es weiterhin so aussehen, als stünden dort zwei unabhängige Häuser. Und auch alte Details, wie schön gearbeitete Fenstergiebel, werden wieder in die neuen Mauern eingesetzt.

Bis die Arbeiten beginnen konnten, hat es lange gedauert. Über viele Jahre gehörte der Bereich der Klosterstraße10 zu den unansehnlichen Ecken des Zittauer Zentrums. Schon vor der Wende hat hier keiner mehr gewohnt, aus der Neustadt 43 zogen die letzten Mieter 1993 aus. Grün wucherte überall, auf der alten Garageneinfahrt lagerte sich immer mehr Müll an. Vor allem die Anwohner, die unmittelbar daneben wohnen, ärgerte das. Denn für viele Touristen, die mit Bussen in die Stadt kommen, lag die Dreckecke genau im Blick. Martin Freund, der schon Anfang der 1990er Jahre sein erstes Gebäude in Zittau kaufte, erwarb die verfallenden Häuser, um sie zu sanieren. “Zittau ist eine schöne Stadt”, sagt der Österreicher heute. Hier wolle er bleiben.

Seit Sommer 2007 ist die Baustelle eingerichtet. Vorher war ein Stadtratsbeschluss nötig, um 16Quadratmeter Grundfläche zu kaufen. Denn beide Gebäude erhielten ein gemeinsames Treppenhaus. Das Fleckchen Erde, auf dem es zwischen den Häusern errichtet wurde, gehörte der Stadt, die aber nichts gegen die Pläne vorbrachte.

Acht Wohnungen wird es hier künftig geben, zwei im Erdgeschoss sind barrierefrei. Von Balkonen aus fällt der Blick in einen grünen Innenhof, in dem auch das Haus Neustadt 35 steht. Das ist gleichfalls im Besitz von Martin Freund und soll in absehbarer Zeit saniert werden.

Auf den geplanten Fahrstuhl müssen die Mieter allerdings vorerst verzichten. Die Mehrwertsteuererhöhung verhindere diese Investition, da die Mieten in den kommenden Jahren nicht erhöht werden dürfen, so Martin Freund. Dennoch: Zwei Wohnungen sind bereits vermietet. Und der Eigentümer betont: “Was ich habe, will ich ordentlich bewirtschaften. Die Leute sollen sich wohlfühlen.”

Gabriel Wandt